Abschätzen der Baum- und Kronenhöhe mit einem Messstock
Vorteile, Bewertung
Zum Bestimmen der Baumhöhe (ohne sie zu fällen) gibt es verschiedene Methoden und Geräte. Hier beschreibe ich die Methode "Stock in der Hand". Sie hat folgende Vorteile gegenüber anderen Möglichkeiten:
- Der individuelle Messstock kann ohne größeren Aufwand leicht selbst hergestellt werden (Anleitung).
- Die Baumhöhe kann ohne Umrechnung und Berücksichtigen der eigenen Körpergröße direkt abgelesen werden.
- Die Messung kann bei jeder Geländeneigung durchgeführt werden.
Diese Methode ist keine exakte Messung, dazu hat sie zu viele Fehlermöglichkeiten. Sie ist deshalb ungenauer als eine Messung mit Maßband, aber genau genug, um einen Baum charakterisieren zu können.
Die Methoden folgt den Grundsätzen der Trigonometrie (weiterführende Überlegungen).
Anwendung des Messstocks
- Entfernen Sie sich von der Stammmitte des Baumes um die Entfernung, die auf der zu verwendenden Skala des Messstocks vermerkt ist (30 bzw. 60 m).
- Nehmen Sie den Messstock so in die Hand, dass der untere Strich A an der Oberkante Ihres Zeigefingers verläuft.
- Halten Sie den Messstock mit ausgestrecktem Arm möglichst mittig und senkrecht vor Ihr Gesicht.
- Zur Feststellung der Baumhöhe bringen Sie den Baumfuß und die Markierung B zur Deckung.
- Möglichst durch alleinige Bewegung des Augapfels (nicht des ganzen Kopfes!) visieren Sie die Baumspitze an (nicht einen in Ihre Richtung etwa herausragenden Ast, der die Baumspitze verdeckt) und lesen direkt an der Skala bei C die Baumhöhe in Meter ab.
Um die Kronenhöhe zu ermitteln, bringen Sie den unteren Rand der Baumkrone und die Markierung B zur Deckung und verfahren entsprechend.
Die häufigsten Fehler bei dieser Höhenbestimmung
- der Stock wird nicht senkrecht gehalten
- die Entfernung zum Baum stimmt nicht korrekt
- der Kopf wird während des Anvisierens der verschiedenen Punkte bewegt
- es wird nicht die Baumspitze anvisiert, sondern ein in Richtung des Messenden gewachsener Seitenast des Baums, der wegen des Blickwinkels die niedrigere Baumspitze verdeckt
Messstock zur einfachen Abschätzung der Baumhöhe selbst herstellen
Benötigtes Material und Werkzeug
Zur Herstellung eines individuellen Messstocks benötigen Sie
- einen Holzstab von 80 cm Länge, Querschnitt ca. 1 x 2 cm,
- einen Meterstab,
- einen Filzschreiber und
- eventuell Bohrer und Schlossschraube.
Vermessen der Armlänge a und des Abstands b
Halten Sie den Holzstab mit ausgestrecktem Arm der dominanten Hand (also Rechtshänder in der rechten Hand) so, dass der Arm möglichst waagrecht und der Stab mittig vor ihrem Gesicht senkrecht steht.
Lassen Sie von einer zweiten Person folgende Abstände möglichst genau vermessen:
- waagrechter Abstand der Augen zum Stab (a). Bei mir (Körpergröße 1,78 m) beträgt dieser Abstand 60 cm.
- senkrechter Abstand zwischen einer gedachten Linie durch beide Augen zum Scharnierpunkt des gestreckten Arms in der Schulter (b). Das ist der Punkt, von dem aus bei Bewegungen des Armes nach unten und oben der Abstand zu den Augen immer gleich bleibt (bei mir 15 cm).
Teilen des Stocks (optional)
Wenn Ihnen der Stock mit 80 cm Länge zu sperrig erscheint, sägen Sie ihn vor der Beschriftung in der Mitte auseinander, bohren ein Loch durch beide Enden und schrauben diese mit einer Schlossschraube zusammen. Sie können den Stock dann auf 40 cm zusammenklappen.
Individuelle Markierung des Stocks
Ob als ganzer Stock oder zusammenklappbar - bringen Sie auf dem (ausgeklappten) Holzstab von unten nach oben gemessen mit dem Filzschreiber folgende Markierungen an (Abb. 3):
- 10 cm von unten Markierung A: ein Strich rund um den Stab, diese ersten 10 cm dienen als Griff, die Oberkante des Zeigefingers ist beim Messen auf Höhe dieses Strichs
- von diesem Strich aus bringen Sie im Abstand b einen weiteren Strich rund um den Stab an; der ist bei der Messung auf das untere Ende des zu vermessenden Baumes auszurichten (Markierung B)
- Vorderseite: auf einer Seite des Stabs markieren Sie von B ausgehend die Abstände von 6, 8, 10, 12, .... 50 cm und beschriften diese Markierungen mit 3, 4, 5, 6, ... 25. Diese Werte geben bei der Messung die Höhe des Baums wieder. Sie können damit also Bäume bis zu einer Höhe von 25 m vermessen.
- Rückseite: möchten Sie höhere Bäume (oder andere höhere Dinge) ausmessen, bringen Sie auf der Rückseite im cm-Abstand über B ab 20 cm Abstand bis zum Stabende Markierungen an und beschriften diese mit den entsprechenden Zahlen 20, 21, 22, 23, .... 50; auch diese Zahlen geben bei der Messung die Höhe des Baumes an.
Entscheidend für eine richtige Abmessung mit diesem Stock ist der Abstand zu dem zu vermessenden Baum. Dieser Abstand ist abhängig von der bei Ihnen gemessenen Armlänge a.
- Abstand zum Baum bei Verwendung der Vorderseite: die Hälfte des Betrags Ihrer Armlänge (in cm) ergibt den richtigen Abstand zum Baum in Meter. Haben Sie eine Armlänge von 60 cm, so müssen Sie zur Baumvermessung also 30 m Abstand von ihm einnehmen. Um Verwechslungen zu vermeiden, bringen Sie diesen Abstand unter der Markierung B an.
- Bei der Verwendung der Rückseite entspricht der Betrag Ihrer Armlänge (in cm) dem richtigen Abstand in Metern, bei unserem Beispiel also 60 m. Bringen Sie auch hier diesen Abstand unter der Markierung B an.
Überlegungen zur Höhenbestimmung von Bäumen
Zum Vermessen von Bäumen (ohne sie zu fällen) gibt es verschiedene Geräte. Die meisten Methoden beruhen auf trigonomischen Gesetzen und Formeln.
Winkelmethode
Kennt man z. B. den Abstand des Betrachters zum Baum a und den Winkel α wie in Abb. 4, lässt sich in einem rechtwinkligen Dreieck daraus nach der Gleichung
tan α = h / a
die Höhe h eines Baumes berechnen: h = a * tan α
Winkel können mit Neigungsmessern, Strecken mit dem Massband bestimmt werden. Auf Lasertechnik beruhende Geräte können das heute noch eleganter lösen.
Nachteil: bei geneigtem Gelände ist die Methode ungünstig, weil beim Baum kein rechter Winkel vorliegt.
Methode "Stock in der Hand"
Eine andere Methode beruht auf den Gesetzen des Strahlensatzes. Sie lässt sich mit einem Messstock (Methode "Stock in der Hand") umsetzen.
In Abb. 5 gilt:
a : e = m : h oder h = m * e / a
a = Armlänge
e = Entfernung vom Auge des Betrachters zum Baum
m = abgelesene Strecke auf dem Messstab
h = Baumhöhe
Je größer der Winkel zwischen dem unteren und dem oberen Ende des Baumes erscheint, desto schwieriger sind diese Punkte anzupeilen, ohne den jeweils anderen Punkt völlig "aus dem Auge zu verlieren". Der Winkel sollte deshalb nicht größer als 45° sein. Das trifft zu, wenn die Entfernung zum Baum nicht kleiner als die Baumhöhe ist.
Andererseits wird die Messung um so ungenauer, je kleiner dieser Winkel ist. Ein guter Mittelweg dürfte ein Abstand e um die 30 m sein. Diese Strecke kann bei Bedarf auch noch mit einem handelsüblichen Maßband gemessen werden.
Die Armlänge a ist für die hier stattfindenden Überlegungen definiert als Abstand zwischen der Mitte zwischen den Augen (Nasenwurzel) und einem mit ausgestrecktem Arm mittig senkrecht gehaltenem Stab. Bei einer mittelgroßen Person beträgt a rund 0,6 m. Das Verhältnis a : e sollte also etwa 0,02 betragen (0,6 m / 30 m). Ein Baum mit einer Höhe von h = 20 m entspricht damit einem Abschnitt von 40 cm auf dem Messstock. bzw. 2 cm auf dem Messstock entsprechen 1 m Baumhöhe. Dieses Verhältnis ist einfach und gut zu merken, wir legen es für die weiteren Überlegungen fest.
Davon ausgehend muss sich also bei längerem oder kürzerem Arm die Entfernung zum Baum immer so ändern, dass dieses Verhältnis erhalten bleibt (Tab. 1).
Abstand b ist der Höhenunterschied zwischen der Höhe der Schultergelenke und der Höhe der Augen (Abb. 2) . Der Punkt zur Bestimmung der (effektiven) Höhe des Schultergelenks liegt dort, wo sich bei Auf- und Abbewegung des ausgestreckten Arms (dabei bitte nicht die Hand flach ausstrecken!) am Oberarm nur eine Drehung, aber keine Veränderung der Höhe feststellen lässt.
Um die hier unterstellten Zusammenhänge möglichst genau zu erfüllen, soll beim Anvisieren von Baumfuß, Baumspitze und Baumkrone nicht der Kopf, sondern nur das visierende Auge bewegt werden.
Tab. 1: einzuhaltende Messentfernung e in Anhängigkeit zur Armlänge a für ein Verhältnis a : e = 0,02
Armlänge a [cm] | Entfernung e [m] |
---|---|
54 | 27 |
56 | 28 |
58 | 29 |
60 | 30 |
62 | 31 |
64 | 32 |
66 | 33 |