Stieleiche bei Ilmberg (1)
Um Ilmberg gibt es viele alte Bäume, meist Stieleichen. Vielleicht sind es die Reste eines Eichenwaldes. Die Familie des Baumbesitzers betreibt ungefähr seit dem 16. Jahrhundert den Hof in Ilmberg. Wie der Landwirt erzählt, verliert die sehr alte Eiche in den letzten Jahren immer wieder Äste, die im Sommer unter der Last des Laubes herunterbrechen - oft bei ruhigstem Wetter. Bevor die stärksten unteren Äste abbrachen, soll die Baumkrone annähernd 50 m breit gewesen sein.
Im 16. Jahrhundert wurde nicht nur der Weiler von "Berg" in "Ilmberg" umbenannt (107), wahrscheinlich entstand in dieser Zeit auch dieser Baum.
Von 1772 soll eine Handschrift mit dem "Ilmberger Marschlied" stammen, von der mir die freundliche Landwirtin eine Kopie überlassen hat. Darin wird u. a. "die alte Linde dort am Hang" besungen, die der erste Ilmberger aus Ilmmünster gepflanzt haben soll. Gab es damals eine alte Linde am Hang? Konnte der Verfasser Eichen nicht von Linden unterscheiden? Oder wurde aus der Eiche eine Linde, weil dieser Baum in Deutschland eine noch größere Bedeutung in Liedern, Bildern und Wappen hatte als die Eiche und - im Gegensatz zu dieser - Symbol für den freien Stand der Bauern und Viehzüchter war? (138)
Die Stieleiche
Ein Knabe nach dem Unterricht
war auf das Heimgehn nicht erpicht.
Er suchte Ruhe und er fand
‘nen schönen Platz am Wegesrand.
Er setzte sich unter die Stieleiche
und schleckte ein Eis am Stiel. Leiche
baumelte über ihm am Aste,
doch der Knabe sich nur mit dem Eis befasste.
Wind kam auf, die Leiche schwang
hin und her an ihrem Strang.
Knabe vertilgte die Eiskrem brav
und fiel danach in tiefen Schlaf.
Sturm wird stärker und zum Orkan,
Leiche schaukelt wie auf See ein Kahn.
Das Seil, es schabt und reißt am Ast,
zerfasert durch der Leiche Last.
Wer hat es nicht schon wahrgenommen?
Die Seilerei ist schwer heruntergekommen.
Man gibt ihr nur noch die schlechteste Note.
Herunter kommt nun auch der Tote.
Drama verlangt nach Peripetie -
Kadaver kracht auf des Knaben Knie.
Der zuckt nur kurz und döst wieder ein.
Sehr tief muss der Schlaf an der Stieleiche sein.
Flurbaum-Steckbrief
Bezeichnung
Stieleiche - Quercus robur
Beschreibung
- Einzelbaum
- einstämmig
- Stammumfang in 130 cm Höhe: 809 cm (das entspricht einem Durchmesser von 246 cm)
- Baumhöhe: ca. 30 m
- Kronenbreite: ca. 30 m
- lichte Höhe: ca. 1 m
- Kronenform: kugelförmig
- Alter: ca. 420 Jahre, Keimung um 1600
Lebensraum
- Grünland
- hängiges Gelände
- Höhenlage: 479 m
- Begleitvegetation: einige kleine Holundersträucher
- Naturraum: Donau-Isar-Hügelland
Standort
- bei Ilmberg (am Hang nördlich des Weilers)
- Gemarkung Paindorf
- Gemeinde Reichertshausen
- Lkr. Pfaffenhofen, Bayern
- Koordinaten: 48.4576, 11.4839
Risiken, Schäden
- einige starke Äste sind abgebrochen
Besonderheit
- sehr alter Baum
- besonders landschaftsprägender Baum
- Wiesenbaum
Stand: Juni 2024
Der Baum in anderen Veröffentlichungen
Der Baum wird auch auf der Website "Monumentale Eichen" von Rainer Lippert genannt und beschrieben (43). Demnach war die Eiche 2015 noch in einem etwas besseren Zustand. Sie maß damals eine Höhe von 30 m, eine Kronenbreite von 36 m und in Brusthöhe einen Umfang von 760 cm. 1990 wurden 700 cm Stammumfang gemessen. Rainer Lippert schätzt das Alter auf rund 350 Jahre.
Der Pfaffenhofener Kurier (44) berichtete am 11.02.2019 unter der Überschrift "Monumentales Prachtexemplar" über den Baum. Demnach wurde im gemeindlichen Heimatbuch von 1980 das Alter der Eiche auf ca. 800 Jahre geschätzt.
Der Stammumfang an diesem Baum
Der Stammumfang dieser Eiche ist nicht ganz einfach festzustellen. Zum Einen steht dieser Baum an einem Hang. Der Höhenunterschied zwischen dem Bodenniveau oben am Stamm ("Oberkante") und unten ("Unterkante") beträgt etwa 120 cm. Der BHU ist demnach in 70 cm Höhe über der Oberkante bzw. 190 cm über der Unterkante zu messen.
Dazu kommt, dass der Stamm eine sehr beite Basis hat und nach oben deutlich schmaler wird, er also stark abholzig ist. Selbst kleine Abweichungen in der Messhöhe bringen demnach deutliche Unterschiede im Messergebniss.
Die Stamm-Taille liegt hier oberhalb der Standard-Messhöhe von 130 cm, nämlich bei ca. 170 cm über der Oberkante. Wollte man die Taille messen, müsste man auf der Talseite des Baums das Maßband in 290 cm Höhe anlegen, was ohne weitere Hilfsmitten, z. B. einer Leiter, nicht möglich ist.
Je nach Messmethode (Messung der schmalsten Stelle zwischen Boden und 130 cm Höhe, Messung der Taille, Messung ab Oberkante oder ab Mittelwert zwischen Ober- und Unterkante) kommt man gerade an einem solchen Baum zu deutlichen Unterschieden.
Vermutlich aus diesem Grund hat jemand talseitig etwa 170 cm über der Unterkante eine Spax-Schraube in die Borke gebohrt. Aus Wiederholungsmessungen kann dann der jährliche Zuwachs sicherer ermittelt werden. Die Schraube macht dem Baum nichts, ist aber trotzdem ein Fremdkörper, der nicht hierher gehört.
Weitere Stieleichen in der Gegend
Es fällt auf, dass in der Gegend viele alte Stieleichen stehen. Zwei andere sind nicht ganz so mächtig wie die hier beschriebene, stehen aber auf der Naturdenkmale-Liste des Landratsamts Pfaffenhofen (45): eine steht am nordöstlichen Ortsausgang von Lausham, die andere 600 m weiter nördlich an der Straße nach Ilmberg.
Eine weitere starke Stieleiche steht als Flurbaum südlich des Orts.
Starke Bäume in der Nähe
Wilde Vogelkirsche bei Gurnöbach
Botanischer Name: Prunus avium
> Beschreibung:
- zweistämmig
- Stammumfang 326 cm in 130 cm Höhe (BHU)
- Baumhöhe: ca. 14 m
- Kronenbreite: ca. 14 m
> Besonderheit: sehr alter Baum
> Zugang unbeschränkt möglich (öffentlich)
> Koordinaten: 48.46866, 11.47203
> Stand: Juni 2024
Hinweis von Henning Seeger, ChT