Arten, Hybriden und ihre Bestimmung
Arten
Die Eigenschaften eines Baums sind in seinem Erbgut (Genom, Gesamtheit der Gene) festgelegt. Die Gene verschiedener Individuen einer Art sind aber nur dann identisch, wenn sie asexuell vermehrt wurden, man spricht dann von Klonen (Wurzelbrut, Absenker, Stecklinge u. ä.). Eine Evolution ist damit nicht möglich. Durch sexuelle Fortpflanzung über Samenbildung entstehen Individuen unterschiedlicher Genzusammensetzung. Populationen mit ähnlichen und annähernd konstant bleibenden Merkmalen, die sich ohne Einschränkung untereinander fortpflanzen können, fassen die Botaniker als Art zusammen.
Und wie sieht das z. B. bei den Pappeln aus?
Bei uns verbreitete Pappelarten sind z. B. Schwarzpappel, Kanadische Schwarzpappel, Zitterpappel.
Weiterentwicklung von Arten
Mit fortschreitender Evolution, z. B. durch Mutationen, können sich innerhalb einer Art die Unterschiede in der Genausstattung verstärken. Dies geschieht vor allem bei räumlich eingeschränkten Möglichkeiten des Genaustauschs. Räumliche Hindernisse können z. B. große Gewässer oder Gebirge sein. Lange Zeit unüberwindbare Ozeane führten in den verschiedenen Kontinenten zu spezifischer Artentwicklung.
In Europa und Asien entstanden z. B. die europäische Schwarzpappel, die Silberpappel und die Zitterpappel, in Nordamerika die Kanadische Schwarzpappel, in Afrika die Tana-Flusspappel und in Asien die Lorbeerblättrige Pappel.
Weitere Untergliederungen
Im Verlauf dieser kontinuierlichen Entwicklung kann die gegenseitige Fortpflanzungsfähigkeit erhalten bleiben. Es können nach menschgemachten Kriterien neue Unterarten, Varietäten, Formen oder Sorten definiert werden, die untereinander weiterhin uneingeschränkt fruchtbar sind. Sie stellen der Art nachgeordnete Stufen der biologischen Systematik dar.
Die auffällige Pyramidenpappel gilt z. B. als Sorte Populus nigra ‚Italica‘ oder auch als Varietät Populus nigra var. pyramidalis.
Neue Arten
Der Mensch legt auch fest, ob und wann eine sich weiterentwickelte Population eine neue Art darstellt. Diese Festlegungen folgen bestimmten Regeln. Trotzdem kommt es hier auch unter Fachleuten immer wieder zu unterschiedlichen Meinungen. Dies liegt unter anderem daran, dass sich in einem Kontinuum, wie es die Genausstattung einer der natürlichen Entwicklung unterliegenden Population darstellt, eine Grenze zwischen zwei neu entstehenden Linien zunächst oft nicht eindeutig definieren lässt bzw. es Individuen gibt, die sich anhand ihrer äußeren wie genetischen Merkmale nicht eindeutig auf eine Seite der definierten Grenze zuordnen lassen.
Bei uns findet man häufig die Pappelarten Schwarzpappel, Silberpappel und Zitterpappel, in Parkanlagen auch die Kanadische Schwarzpappel und die Lorbeerblättrige Pappel.
Hybriden
Kreuzungen zweier Arten nennt man Hybriden. Manche Hybridisierungen funktionieren nur, wenn Vater und Mutter aus der "richtigen" Art kommen. Die botanische Bezeichnung von Hybriden wird mit dem früheren Multiplikationszeichen × nach dem Gattungsnamen gekennzeichnet. Viele Gehölzarten neigen zu solcher Hybridbildung. Dazu gehören in unserer Region Eichen, Erlen, Linden, Pappeln, Weiden und Weißdorne.
Als Pappel-Hybriden kommen bei uns vor allem die Kanadische Pappel (Schwarzpappel-♂ × Kanadische Schwarzpappel-♀), die Graupappel (Zitterpappel × Silberpappel) und die Berliner Lorbeerpappel (Schwarzpappel × Lorbeerblättrige Pappel) vor.
Hybrid-Schwarm
Elternarten, daraus entstandene Hybriden, Kreuzungen aus Hybriden und einer Elternart (Rückkreuzung) sowie weitere Einkreuzungen unterschiedlicher Hybridstufen können theoretisch einen Bestand mit Individuen ergeben, die verschiedenste Anteile der Elternarten aufweisen. In der Natur werden solche Kreuzungen aber oft durch verschiedene Hindernisse wie unterschiedliche Blühzeiten oder eingeschränkte Fruchtbarkeit erschwert.
Bei der Schwarzpappel verhindern einige Faktoren eine bisher befürchtete Vermischung mit der Kanadischen Schwarzpappel (introgressive Hybridisierung). Unterschiedliche Blühzeiten, die heute verwendeten Klone der Kanadischen Schwarzpappel, eventuell eine Alterung der Klone und ein Anbau ausschließlich männlicher oder weiblicher Exemplare scheinen sich zumindest in Bayern hemmend auf eine solche „Unterwanderung“ auszuwirken (109).
Probleme der Art- und Hybridbestimmung
Oft nehmen Hybriden in ihren äußeren Merkmalen eine Mittelstellung zwischen den Merkmalen der Elternarten ein. Dabei überschneiden sich nicht selten die Merkmalsspektren. Eine Art-/Hybridbestimmung ist zwar mit etwas Erfahrung in vielen Fällen gut möglich, absolute Sicherheit kann aber nur mittels genetischer Untersuchungen erreicht werden.
Beispiele für eine durch Hybridbildung erschwerte Bestimmung für die bei uns häufig anzutreffenden Arten und Hybriden nennt Tabelle 1.
Die sichere artgenaue Bestimmung ist auch bei der Schwarzpappel nur mit Hilfe einer genetischen Untersuchung möglich. Untersuchungen in Bayern haben aber gezeigt, dass die Bestimmung mit Hilfe äußerer Merkmale eine hohe Trefferquote aufweisen kann (171).
Tabelle 1: Hybriden und ihre Eltern, deren sichere Bestimmung ohne genetische Untersuchungen oft schwierig ist
| Gattung | Elternart 1 | Hybride | Elternart 2 |
|---|---|---|---|
| Eichen | Quercus pubescens Flaumeiche | Quercus × calvescens Flaumblättrige Bastardeiche | Quercus petraea Traubeneiche |
| Eichen | Quercus robur Stieleiche | Quercus × rosacea Gewöhnliche Bastardeiche | Quercus petraea Traubeneiche |
| Erlen | Alnus glutinosa Schwarzerle | Alnus × pubescens Bastarderle | Alnus incana Grauerle |
| Linden | Tilia cordata Winterlinde | Tilia × euclora Krimlinde | Tilia dasystyla Kaukasische Linde |
| Linden | Tilia cordata Winterlinde | Tilia × europaea Holländische Linde | Tilia platyphyllos Sommerlinde |
| Pappeln | Populus nigra Schwarzpappel | Populus × berolinensis Berliner Lorbeerpappel | Populus laurifolia Lorbeerblättrige Pappel |
| Pappeln | Populus nigra Schwarzpappel | Populus × canadensis Kanadische Pappel | Populus deltoides Kanadische Schwarzpappel |
| Pappeln | Populus alba Silberpappel | Populus × canescens Graupappel | Populus tremula Zitterpappel |
| Weiden | Salix alba Silberweide | Salix × rubens Fahlweide | Salix fragilis Bruchweide |
| Weißdorne | Crataegus rhipidophylla Großkelchiger Weißdorn | Crataegus × macrocarpa Großfrüchtiger Weißdorn | Crataegus levigata Zweigriffliger Weißdorn |
| Weißdorne | Crataegus monogyna Eingriffliger Weißdorn | Crataegus × media Bastardweißdorn | Crataegus levigata Zweigriffliger Weißdorn |
| Weißdorne | Crataegus monogyna Eingriffliger Weißdorn | Crataegus × subsphaericea Verschiedenzähniger Weißdorn | Crataegus rhipidophylla Großkelchiger Weißdorn |
Folgerungen für die Artbestimmung auf dieser Website
Für eine Seite wie diese ist ein Baum vor allem dann interessant, wenn er eine wichtige Rolle in der Natur spielt. Das ist der Fall, wenn er anderen Arten gerade in für sie unwirtlicher Umgebung Nahrung und Unterkunft bietet und die Landschaft charaktervoll bereichert.
Es ist dabei nicht sooo wichtig, mit welcher Baumart man es genau zu tun hat. Wir bestimmen die Art nach äußeren Merkmalen. Wie wir wissen, kann man dabei auch einmal falsch liegen. Wir wissen aber auch, dass wir da nicht die einzigen sind.