Risiken für Bäume

Was heißt hier Risiko?

Ein Flurbaum ist vielerlei möglichen und tatsächlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt. Diese fasse ich zusammen unter dem Begriff „Risiken“. Eine Benennung soll also nicht bedeuten, dass der Baum in jedem Fall gefährdet ist.


Grundbedürfnisse

Ein Baum braucht wie jede Pflanze Boden, Wasser, Luft und Licht zum Leben. Letztendlich geht es darum, dass er durch die Aufnahme der notwendigen Bauelemente Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor, Kalium usw. und deren Assimilation wächst und sich gesund erhält.

Mögliche Störer

Hierbei kann er durch Vorgänge in seiner Umwelt gestört werden. Dies kann durch pflanzliche oder tierische Schädlinge, Pilze, Bakterien, Viren, Nährstoffmangel, klimatische oder wetterbedingte Einflüsse sowie menschliche Eingriffe geschehen.

Warum kann Flächenversiegelung eine Gefahr für einen Baum sein?

Eine wesentliche Gefährdung für Bäume außerhalb des Walds entsteht heute durch Flächenversiegelung. Damit werden dem Baum u. a. die für die Aufnahme von Nährstoffen im Boden unbedingt notwendigen Medien Wasser und Luft genommen. Ein hungernder und durstender Baum wird auch leichter von Schädlingen und Krankheiten geschädigt.

Flächen werden z. B. durch Gebäude, Beton, Pflaster und Teer versiegelt (Abb. 1). Deshalb sind hiervon besonders Stadtbäume betroffen. Aber auch ein Schotterweg oder andere verdichtete Flächen lassen nur noch einen Teil des Niederschlagwassers als Sickerwasser in den darunter liegenden Boden durch („teilversiegelt“). Ob ein Baum davon betroffen ist, hängt davon ab, wie weit solche Flächen entfernt sind, wie groß sie sind und – was das Wasser betrifft – wie und wohin die anfallenden Niederschläge abgeleitet werden.

Flurbäume sind davon meist weniger betroffen. Trotzdem halte ich fest, wenn versiegelte Flächen im Wurzelbereich des Baums sind. Das ist die Bodenfläche unter dem Traufbereich zuzüglich 1,5 m nach allen Seiten (1). 

Bruchrisiko

Bäume sind Lebewesen, können erkranken und haben eine begrenzte Lebenszeit. Manche Bäume haben sich so ungünstig entwickelt, dass sie bruchgefährdet sind.

Dazu können Bäume gehören, die während ihrer Entwicklung mehr als eine deutlich nach oben strebende Wuchsachse entwickelt haben („kodominante Stämme“). Diese Gabelung nennt man Zwiesel. Als Stämme drängen diese möglichst senkrecht nach oben, was dazu führen kann, dass die Verzweigung in einem so engen Winkel erfolgt, dass durch die jährliche Holzbildung an der Verzweigungsstelle die Stämme gegeneinander und sich damit auseinander drücken. Dies kann auch dazu führen, dass Rinde in den Stamm mit eingebaut wird und es dadurch zu einer gravierenden Schwachstelle am Baum kommt.

Da zwei oder mehr Stämme von einem Punkt aus nicht absolut senkrecht nach oben wachsen können, wirken mit zunehmendem Wachstum auch immer größere Seitenkräfte auf diese Stämme. Der Baum versucht dies durch zusätzliches Wachstum an den Schwachstellen auszugleichen ("Ohren", Abb. 2), nicht immer mit Erfolg.

Die Gefährdung durch eine solche Stammbildung ist umso größer, je kleiner der Innenwinkel oder Verzweigungswinkel zwischen diesen Stämmen ist. Zwiesel können dann gefährdet sein, wenn ihr aktueller Verzweigungswinkel weniger als 30 ° beträgt. Bei weniger als 17 ° sind sie besonders gefährdet. Weitere Kennzeichen für ein Bruchrisiko sind eingewachsene Rinde, ein nach innen gezogener, kerbenartiger Rindengrat, ein mit der Zeit sich verjüngender Innenwinkel sowie Verwachsungen unterhalb der aktuellen Verzweigungsstelle ("Ohren") (4) (5).

Nicht alle Bäume mit Zwiesel sind gefährdet, insbesondere dann nicht, wenn in der Verzweigungsstelle und darunter keine Rinde eingewachsen ist. Das lässt sich von außen allerdings nicht einfach feststellen.

Abb. 3 zeigt eine doppelstämmige Esche. Der Verzweigungswinkel an der aktuellen Verzweigungsstelle beträgt etwa 23°, die zentralen, imaginären Achsen kreuzen sich mit rund 28° (ursprüngliche Verzweigungsstelle). Dies kann ein Hinweis auf einen sich zunehmend verjüngenden Innenwinkel sein. Von außen betrachtet ist für einen Laien eingewachsene Rinde nicht auszuschließen.

Es sei angemerkt, dass das Messen der Verzweigungswinkel schwierig und selten mit genau gleichem Ergebnis wiederholbar ist, da die Schenkel des Winkels hierfür in der Regel an gekrümmte Linien angelegt werden müssen.

Ist Bodenbearbeitung auch schädlich?

Auch wenn der Boden im näheren Umfeld bearbeitet wird, kann sich das negativ auswirken. Wenn um einen Flurbaum regelmäßig, aber nicht näher als 1 m und - wie bei landwirtschaftlicher Nutzung ohne Sonderkulturen üblich - der Boden nicht tiefer als 30 cm bearbeitet wird, wird das nicht schädlich sein (2).
Ein Problem wäre es z. B., wenn lange bestehendes Grünland nahe am Baum umgebrochen würde. Der Baum hat dann unter Umständen bereits kräftige Wurzeln im oberen Bodenbereich entwickelt, die zerstört würden. Ich gebe an, wenn Flächen mit erkennbar regelmäßiger Bodenbearbeitung etwa 3 m oder weniger entfernt sind.

Abb. 1: diese Eiche hat es schwer: ihr Wurzelraum ist nahezu zur Hälfte versiegelt, auf der anderen Seite wird der Boden regelmäßig bis unmittelbar an den Stamm bearbeitet und die sehr nahe Straße sorgt für schwere Verletzungen durch Verkehrsunfälle - auch beim Baum

Abb. 2: deutliche Verdickung ("Ohr") zur Stabilisierung der seitwärts geneigten Stämme an der Verzweigungsstelle eines zweistämmigen Baums

Abb. 3: zweistämmige Esche mit engem Verzweigungswinkel